Ort | Allach, München |
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Fläche | GF 20.774 m2 |
Wohneinheiten | 210 |
Auslober | Hirmer Allach GmbH & Co. KG |
Landschaft | grabner huber lipp landschaftsarchitekten und stadtplaner partnerschaft mbb |
Status | Einphasiger, nichtoffener Realisierungswettbewerb, 10/2019, 1. Preis |
Datum | 2019 |
Auszeichnung | 1. Preis |
Publikation | Competitionline - 08.11.2019 |
Mitarbeit | Ina-Maria Schmidbauer, Patrick von Ridder, Peter Scheller, Raphael Rogalli, Charlotte Meyer, Dorian Cani, Tiziano Aramburo, Antonia Beltinger |
Stadtraum
Zwischen einer kleinen Straße und einer vielbefahrenen Bahnlinie, zwischen Einfamilienhäusern und Fabriken, nahe der Würm und dem Wald ist der Bauplatz ganz im Nordwesten der Stadt, nah der Verwaltungsgrenze, an einem Bahnhof der Schnellbahn die einen sowohl in die Innenstadt bringt aber auch weiter in die Landschaft und an den Flughafen. Es ist grün und leise, groß und laut aber auch klein und gemütlich.
Großform
Das kollektive Wohnen hat in München eine lange und starke Tradition. Beginnend mit der ersten Residenz, dem alten Hof, als Sitz des „fürstlichen Wohnkollektivs“ (so eine Definition des Begriffs „Hof“) über die, in den Stadtkörper eingeschriebenen Klöster der Augustiner und Jesuiten sowie zahlreicher Beispiele des genossenschaftlichen „Reformwohnens“ um die Jahrhundertwende. Die Benennung z.B. des so genannten „Moll Blocks“ und der so einmaligen „Borstei“ als international vielfach referenzierte Typologie, nach den Stiftern und Besitzern bis hin zu den Wohnhofbauten der Nachkriegsmoderne in Sendling, der Maxvorstadt und Obergiesing bestätigen diese Tradition Münchens.
Vielen dieser städtischen Raumgefüge gemeinsam ist dabei ihre Rolle als Pionier des kollektiven Lebens in der offenen, noch nicht klar determinierten und besetzten Stadtlandschaft. Die Große Form formuliert dann eine Behauptung des Möglichen. Sie ist Zeichen für ein zu erwartendes Miteinander in der Stadt. Beispielhaft dafür steht die Setzung der Borstei am Rande der damals vorstellbaren Stadt –unmittelbar neben Eisenbahngleisen, Gasometern und Trambahnwerkstätten. In dieser Tradition der selbstbewussten Setzung eines kollektiven Stadtbausteins sieht sich das vorgeschlagene Projekt: Ein gesamtformal gedachtes Gefüge verschiedener Raumsituationen, Qualitäten und Angebote.
Hof
Die Gebäude umgreifen in nahezu gleicher Höhe den Ort. Verschiedene Rücksetzungen erzeugen eine differenzierte Kontur. Die resultierende Form schafft ein Hofgefüge im Inneren. Zur Bahn hin wird die Form durch ein fünftes Geschoss stärker akzentuiert und entspricht so der Position am weiten Stadtraum der Bahnlinie. Im Westen zu den benachbarten Häusern der Eversbuschstraße schaffen dreigeschossige Anbauten vertrauten Maßstab, markieren die Hauseingänge und schaffen gleichermaßen Adressen, Orte der Nachbarschaft und der Hausgemeinschaft. An bestimmten Stellen im Erdgeschoß schaffen gemeinschaftliche Nutzungen wie Werkstätten für das Radl, eine kleine Umkleide und Dusche am Südöstlichen Fitnessgarten, ein Raum für die Hausbrauerei und den Pizzaofen im Norden besondere Orte. An einer Stelle öffnet sich die Form zur Eversbuschstraße hin und bindet sich so zusätzlich in die Nachbarschaft ein, ohne ihr Innen zu stark zu veröffentlichen.
Wohnen
Das Besondere am Wohnen im Gefüge, ist die Möglichkeit gemeinschaftliche Orte anzubieten und diese als ergänzende Besonderheit in Allach zu bespielen. In den dreigeschossigen Bauteilen zur Eversbuschstraße ergänzt beispielsweise eine, über zwei Obergeschoße reichende Orangerie das Raumangebot der Bewohner und stellt ein Gartenzimmer des ganzen Hauses an der Straße zur Schau. Im Osten, zur lauten Bahn hin, führen offene Treppenlauben zu den Wohnungen und den Dachgärten. Die Wohnungen betritt man durch einen Wintergarten der einen wunderbaren Blick nach Osten entlang der Bahn bietet. Ein helles Entree, das das „leise Lüften“ ermöglicht.
Die verschiedenen Häuser, die die Höfe umstellen, sind überwiegend als Spännertypen organisiert. Lediglich die in den Hofraum greifenden Gebäudeteile werden von Norden, mit kurzen aber zu den Wohnungseingängen verbreiterten Laubengängen erschlossen. Die Wohnungen im Erdgeschoss sind mit Ausnahme einzelner Atelierwohnungen als Hochparterre gedacht. Großzügige Balkonanlagen beleben den Hof und ermöglichen Teilhabe. Gleichzeitig schaffen Sie eine Art Filter zum kollektiven Innenraum.
Hortus inclusus
Der Entwurf setzt auf die Differenzierung des Privaten und des öffentlichen Freiraums. Die Höfe, als Privates und Halbprivates Innen, erfahren durch die Arrondierung der Form mit den Gärten eine besondere Ergänzung des Freiraumangebotes in Allach. Von allen Seiten betretbar, machen die verschiedenen Freiflächen differenzierte Angebote: Der eher städtische Garten im Norden mit der Terrasse zum Gemeinschaftsangebot, der großzügige, von der Bahn abgewandte und so lärmgeschützte Grünraum im Süden. Beide mit einer gegliederten und begrünten Mauer gefasst, die je nach Anforderungen des Schallschutzes bezogen auf Höhe und Perforation, differenziert gestaltet werden kann. Im Inneren der Höfe, ermöglichen reduzierte Unterbauungen eine ausgedehnte Bepflanzung mit großen Bäumen und so Sichtschutz für das Gegenüber und Schatten für das vergnügte Darunter. Dieses Angebot an Freiräumen wird durch die Zahlreichen gemeinschaftlichen Dachgärten ergänzt.
Beständigkeit
Die Gebäude sind als wässrig grün verputzte, monolithische Ziegelbauten aus Dämmziegel geplant. Ihnen vorgestellt werden die Stahlbetonkonstruktionen der Laubengänge und der Balkone. Farbige Fallarmmarkisen sorgen für gute Verschattung und ein heiteres Miteinander der Bewohner. Die weiß lackierten Fenster sind aus Holz gefertigt und ergänzen den vertrauten Eindruck dieser Münchner Wohnform. Angebote des Kollektiven gehen dabei nicht auf Kosten der Wohnfläche, sie verstetigen vielmehr das Miteinander im neuen Zuhause und sind somit unbedingte Teile der Beständigkeit des hier gezeigten: Der Hortus Hirmerei