Ort | München |
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Fläche | ca. 245.000m2 GF |
Nutzung | Wohnen, Arbeiten, Gewerbe, Schule und Kindertagesstätten |
Wohneinheiten | ca. 1800-2000 WE |
Auslober | Ludwigsfelder Grund GmbH, PG Granatstraße 12 GmbH, Wohnungsgesellschaft Ludwigsfeld GmbH |
Landschaft | grabner huber lipp landschaftsarchitekten und stadtplaner partnerschaft mbb, Freising |
Status | in Planung |
Datum | 2023 |
Auszeichnung | 1. Preis |
Publikation | Competitionline - 28.03.2023, Süddeutsche Zeitung - 13.03.2023 |
Mitarbeit | Peter Scheller, Patrick von Ridder, Charlotte Meyer, Raphael Rogalli, Tom Ketter |
ORT
Die Siedlung Ludwigsfeld nimmt eine besondere, ja etwas sonderbare Position am Stadtrand Münchens ein. Einer Insel gleich bildet sie, von Feldern und Grünräumen umgeben, direkt in der Nachbarschaft eines großen Industriegebietes, das baumdurchwirkte Zuhause für die heutigen Bewohner. Nicht als Wohnsiedlung geplant, sondern als isolierte, schwer gesicherte, leicht zu überwachende Ordnung von Baracken, nahe einer Fabrik, für die die Menschen die hier gefangen waren, Zwangsarbeit verrichten mussten. Nicht die Gunst einer landschaftlich eindrucksvollen, durchgrünten Wohnlage führte also zu den ersten Gebäuden des bestehenden Nukleus, sondern die pragmatische Verwahrung von Gefangenen. Und doch erfuhr die Siedlung Ludwigsfeld im Laufe ihrer Geschichte schließlich eine nach und nach vollzogene Umwidmung zu einem Wohngebiet, zur landschaftlich geprägten, geschätzten Siedlung am Rand der Stadt. Die Aufgabe fordert nun eine Perspektive für die weitere Entwicklung der Siedlung, jedoch heute nicht wegen, sondern trotz der Nähe zu den Fabriken und den Straßen der Stadt.
BESTAND
Zunächst gilt es im bestehenden Siedlungskörper die vorgefundenen Qualitäten zu stützen und zu sichern. Diese sind vor allem die einfachen Typologien der Bestandsgebäude und das stadträumliche Gesamtensemble, dass sich vor allem aus Zusammenspiel dieser Gebäude mit den stattlichen Bäumen ergibt. Dieses Gefüge wird durch präzise gesetzte und dimensionierte Ergänzungen eines neuen Typus gestärkt. Kompakte Atrienhäuser und offene Laubenhöfe lassen eine den Bestand ergänzende Wohnungsmischung und abwechslungsreichere Wohnlagen entstehen. Der vom Auto-Durchgangsverkehr befreite Onyxplatz wird als lokales Zentrum der bestehenden Siedlung durch eine kleine Ladeneinheit und eine KITA gestärkt. Wichtige Freibereiche wie die so genannte „Rollschuhplatte“ und andere bestimmende Binnenfreiräume bleiben erhalten. Bestehende Wegebeziehungen werden gestärkt, neue, teils informelle Pfade aufgewertet und gefasst. Die bestehenden Freiflächen werden als gemeinschaftliches Grün mit den neuen Bewohnern verstanden.
EIN NEUES QUARTIER
Entlang der Karlsfelder Straße bedingen zwei entscheidende Parameter eine nordseitige Arrondierung des Quartiers. Zum Einen legt der nicht zu verändernde Verlauf eines bestehenden Kanals eine Art räumlich öffnende Trasse durch Setzung der Gebäude nahe, zum Anderen gilt es den bestehenden Baumbestand nicht übermäßig zu reduzieren. Ein Ensemble von sich gedreht reihenden, IV-XII geschossige Häuser und räumlich öffnende Passagen sind das Resultat dieser Überlegungen. Die Freiräume entlang dieser Bauteile ergeben neue, grüne Bereiche für die Anwohner. Im Osten wird das neue Ensemble um eine Quartiersgarage ergänzt. Im Süden und Osten, zur freien Landschaft hin, finden sich kompakte und doch offene Höfe, die einerseits die definierten Schallschutzziele zur im Süden verlaufenden Autobahn sicherstellen können, aber auch ein alternatives, das Siedlungsmodell des Bestandes ergänzendes hochwertiges O/W orientiertes Angebot des städtischen Wohnens liefert. Überschaubare Quartiersbausteine vermitteln zwischen der freien Landschaft und dem Quartier, öffnen sich zum jeweiligen Nachbarn und definieren räumlich gefasst öffentliche Räume, die der Verknüpfung der bestehenden Siedlung und den neuen Strukturen dienen. Ein solcher Stadtraum als Quartiersplatz gestaltet, wird im Norden aus den öffentlichen Bausteinen der Schule, des großen Einzelhandels und ergänzenden Nutzungen wie Kita und Läden geformt. Nach Süden wird der Quartiersplatz über eine autofreie Gasse mit einem weiteren, kleineren Platz verbunden, der als Nachbarschaftszentrum den möglichen ÖPNV-Haltepunkt birgt und als Bezugsraum der neuen Reihe von Quartiersbausteinen, mit städtischen Nutzungsangeboten wie einem Nachbarschaftstreff bildet. Die beiden beschriebenen öffentlichen Räume dienen auch als stadträumliche Trittsteine entlang der Verbindung der angrenzenden offenen Landschaft, durch das Gefüge der beschriebenen Wohnhöfe zur Gedenkstätte und weiter, quer durch den neuen Park ins Innere des bestehenden Ludwigsfeldes. An den prägenden Orten des neuen Quartiers, an der Einfahrt im Südwesten, am Quartiersplatz und am südlichen Ende der inneren Gasse findet sich jeweils ein konturüberragender Hochpunkt, der dem landschaftlich geprägten, offenen Charakter des Ludwigsfelds entspricht. Der neue Stadtteil zeigt also ein Gefüge aus unterschiedlichen neuen und bestehenden Stadträumen, Maßstäben und Typologien, die die Idee einer Gliederung des Plangebiets in überschaubare Einheiten entsprechen und dem Wunsch nach Entwicklung einzelner Bauabschnitte erfüllen.
FREIRAUM
Der Ringpark als Verbindung und Rahmung der Bestandssiedlung, als auch als Anknüpfung an die neuen Quartiere, ist der übergeordnete Entwurfsansatz zur Sicherung, Förderung und Entwicklung der vorhandenen Freiraumqualitäten. Dieser schafft auch die Identität für die neuen städtebaulichen Erweiterungen. Neue fußläufige Verbindungen schaffen eine gute Vernetzung nach innen und Nachbarschaften zwischen bestehendem und neuem Wohnen. Ein Wechsel aus grünen und urbanen Gassen vernetzt, frei von Individualverkehr, das neue Quartier mit ÖPNV-Haltepunkten und Mobilitätszentren. Geschützte Wohnhöfe und intensive Dachnutzungen ergänzen das vielschichtige Freiraumangebot. Die teilunterbauten Höfe ermöglichen die Pflanzungen von Großbäumen und Versickerungsflächen die zusätzlich zu Retentionsdächern zum nachhaltigen Wassermanagement beitragen.